
Jassturnier
Sonntagnachmittag, kurz vor 14:00 Uhr – ich betrat den Ort des Geschehens. Über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren bereit um zu jassen. Ein junger Mitorganisator verkündete durch die Mikrofonanlage die Spielregeln. So weit – so gut! Ich wartete gespannt auf die Zuteilung des ersten Durchganges, sah meinen Namen auf der Leinwand-Liste und begab mich langsam zu Tisch K.
Und da sass er, mein erster Jasspartner: Giovanni, ca. 75 Jahre alt, ziemlich dick, italienischer Akzent und Indoor-Sonnenbrillenträger. Sein Gesichtsausdruck ist trotz Sonnenbrille prima lesbar: Dieses junge Ding will jassen können? Ich versuchte mich nicht irritieren zu lassen und schüttelte ihm freundlich die Hand. Ebenso begrüsste ich das gegnerische Team, zumindest die bereits anwesende Rosa. Rosa war äusserst freundlich und erklärte sofort, dass sie zum ersten Mal an einem offiziellen Turnier teilnehme und dass es sooo schön sei, auch so viele junge Leute anwesend zu sehen. Sympathisch lächelte sie mir zu und ich setzte mich direkt neben Rosa. Bei dem kurzen Small-Talk stellte sich heraus, dass auch Giovanni ganz in Ordnung war, denn ab und zu liess er in gebrochenem Deutsch eine lustige Bemerkung in die Diskussion einfliessen. Und dann kam Annegret, eine ältere Dame, wahrscheinlich um die 90. Gleich zur Begrüssung empfand sie es als angebracht, uns allen mitzuteilen, dass sie ständig an solchen Turnieren teilnehme. Zudem wetterte sie über die Spielregeln – „man jasse ja eigentlich nie nur auf 1000 Punkte, und wenn schon, dann gelte der Match sicher nicht 257 Punkte, sondern auch nur einfach, weil ja alle Farben und auch oben/unten nur einfach gelten – und so weiter und so weiter…!“ Ich empfand Mitleid mit der netten Rosa, die nun mit Annegret im Team spielen musste.
Während des Spiels ging es mit Annegret im gleichen Stil weiter. Kaum hatte Rosa die Karten verteilt und ich nahm meine – wie gewohnt – sofort in die Hände, wies sie mich zurecht, dass man erst aufnehmen dürfe, wenn der Spielpartner angesagt habe. Ich versuchte mir diese Regel zu merken, und spielte weiter. Später im Spiel meinte Annegret, was ich denn überlegt habe, während einem gewissen Durchgang, ich hätte die dritte Karte völlig unpassend gewählt. Ich dachte nur: „Wen interessiert diese doofe dritte Karte?“ …und spielte weiter. Interessanterweise waren Giovanni und ich viel besser, wir konnte sogar einen Match machen und schrieben am Schluss insgesamt 300 Punkte plus. Endlich, dieses Spiel war ausgespielt – und Annegret hatte verloren! Nun hiess es nur noch, sich zu verabschieden, denn danach wurden die Teams neu gemischt. Es folgte eine Zvieripause mit Gerstensuppe, Wurst und Brot. Annegret: „Nein wäh, Gerstensuppe mag ich ja gar nicht!“ Bleibt zu erwähnen, dass dieses Zvieri von den Veranstaltern offeriert wurde. Und ich dachte nur: „Dabei heisst es immer, die heutige Jugend sei verwöhnt.“