KULTURSCHOCK – Oper in der Bar

LUZERNER ZEITUNG

Ein Cocktail für Aschenputtel

OPER IN DER BAR Die Sänger und Musiker des Vereins Kulturschock bringen erneut eine Oper in Ausgehlokale der Zentralschweiz: Rossinis «La Cenerentola» will damit Klassik einem jungen Publikum ganz nahebringen.

 

Mitten im fast komplett abgedunkelten Club Schwarzes Schaf in Luzern formiert sich das 13-köpfige Kulturschock-Orchester zur Generalprobe. Es soll geprobt werden, ob ein Durchlauf der Oper «La Cenerentola» von Gioachino Rossini reibungslos abläuft – in einem Club!

Währenddessen sind die sieben Sängerinnen und Sänger noch auf der Suche nach einem passenden Platz neben der Bar. Denn hier gibt es keine normale Bühne. Als Bindeglied zwischen Orchester und Opernsängern steht der Dirigent. Er ist es, der den Takt angibt.

 

Klassik bei einem Bier

Die Oper «La Cenerentola» wird im Rahmen der vierten Kulturschock-Konzertreihe in drei verschiedenen Lokalitäten aufgeführt. Bereits vor zwei Jahren wurde die Kulturschock-Saison mit einer Oper in einer Bar eröffnet und fand im «Madeleine», Luzern, grossen Publikumsandrang. Der Verein Kulturschock hat sich zum Ziel gesetzt, Konzerte an aussergewöhnlichen Orten zu veranstalten, um klassische Musik jungen Leuten und Musikmuffeln näherzubringen. Die Sängerin Lydia Opilik vom Kulturschock-Team erklärt die Motivation dazu mit Erfahrungen in ihrem Umfeld: «Freunde von uns haben nach klassischen Konzerten öfter gesagt, die Musik, die wir spielten, sei ja eigentlich ganz schön. Aber die Zeiten, an denen Klassikkonzerte oft stattfinden, etwa sonntags um 17 Uhr in einer Kirche, passen ihnen oft nicht.»

Also drehten die vier Kulturschock-Initianten den Spiess um: Nun bringen sie klassische Musik zu den jungen Leuten in Bars und Clubs. «Bei einem Bier oder an einem Cocktail schlürfend kann man sich da gleichzeitig ein Konzert zu Gemüte führen», meint Opilik. Wie gut das funktioniert, bestätigten begeisterte junge Konzertbesucher an früheren Kulturschock-Events. «Das ist ein guter Anfang, um sich sogar mal eine Oper reinzuziehen,» meinte ein Opern-Erstbesucher im «Madeleine»: «In ein Opernhaus hätte ich mich nie gewagt.»

Auf der Bühne, die im «Schwarzen Schaf» eingerichtet wurde, sieht man nun einen zeitungslesenden Mann. Als Erzähler erklärt er zwischendurch, was in der Geschichte passiert. Eine als Magd gekleidete schwangere junge Frau betritt die Bühne. Sie ist – dargestellt von Lydia Opilik – das Aschenputtel.

 

Zwischendurch fliegen auch mal die Fetzen

Immer mehr Sängerinnen und Sänger kommen hinzu, es gibt ruhige Szenen, aber auch Momente, in denen die Fetzen fliegen. Und plötzlich: Etwas scheint nicht zu stimmen! Verwirrte Blicke kreisen zwischen den Sängern. Der Dirigent ruft: «Abbruch! Dieses Stück nochmals von vorne.»

In der Generalprobe kann so etwas passieren. Ein kurzer Zwischenruf, eine Korrektur, eine Wiederholung. Aber bei der Aufführung muss alles sitzen. Die Stimmung wirkt für einen kurzen Moment etwas angespannt. Noch einmal tief einatmen. Es geht weiter – mit dem grossen Finale.

Im letzten Stück sind nochmals alle auf der Bühne. Der Gesang im Raum erklingt so laut, als ob jeder einzelne der sieben Sängerinnen und Sänger ein Mikrofon vor sich hätte. Ein pompöses Schlussszenario. Der Schlussakkord erklingt. Auch wenn einige Stellen noch geprobt werden müssen: Die Sänger und Musiker sind bereit für die Aufführungen der Oper «La Cenerentola».

 

Raphaela Reichlin

kultur@luzernerzeitung.ch

 

Hinweis

Aufführungen: Freitag, 27. Oktober, 20 Uhr, «Schwarzes Schaf», Luzern; Donnerstag/Freitag, 2./3. November, 21 Uhr, Gaswerk Eventbar, Seewen; Donnerstag, 9. November, 21 Uhr, Galvanik, Zug. www.kultur-schock.ch

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